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Ich habe in meinem Buch beschrieben, dass es im 9-Ball und 10-Ball vor allem anderen darum geht, die Kontrolle zu behalten. Entweder, wir schießen kontrolliert aus oder wir spielen kontrolliert auf Sicherheit. Das heißt vor allem, nicht leichtsinnig schwere Bälle anzugehen und zu verschießen und natürlich, keine leichten Bälle zu verschießen. Sollten wir uns verstellen, ist es meist besser, ein Save zu spielen, als die Partie mit einem riskanten Ball aus der Hand zu geben. Mit dem Trainingsspiel „Patricks X-Ball“ trainierst du, im 9- und 10-Ball die Kontrolle zu behalten.

Das klassische X-Ball

Ich erkläre erst einmal das klassische X-Ball, das einige schon kennen werden, bevor ich dann meine (natürlich bessere) Variante vorstelle.

X-Ball ist ein klassisches Trainingsspiel für 9- und 10-Ball. Man spielt sozusagen einen Satz gegen sich selbst. Es geht darum, eine 9-Ball- oder 10-Ball-Situation mit einer bestimmten Anzahl Bällen auf dem Tisch in einer Aufnahme auszuschießen. Je nach Spielvermögen verändert sich von Satz zu Satz die Zahl der Kugeln, mit denen man spielt. Innerhalb eines Satzes verändert sich die Zahl der Kugeln nicht.

Ein Beispiel: Ich spiele einen Satz mit sechs Kugeln auf dem Tisch. Wir bauen zunächst ein normales 9-Ball- oder 10-Ball-Rack auf, dann trainieren wir den Anstoß gleich mit. Ich nehme im Beispiel 10-Ball.

Wir stoßen ganz normal an. Nach dem Anstoß nehmen wir, rückwärts gezählt von der vorletzten Kugel, so viele Kugeln vom Tisch, bis sechs Kugeln übrig bleiben. Die 10 lasse ich liegen. Wenn z.B. die 2 beim Break gefallen ist, nehme ich noch die 9, die 8 und die 7 vom Tisch. Jetzt liegen sechs Bälle auf dem Tisch.

Ich bekomme jetzt Ball in Hand auf dem ganzen Tisch und versuche, in einer Aufnahme den Tisch auszuschießen, nach den normalen Regeln für 10-Ball. Gelingt mir das, bekomme ich einen Pluspunkt, gelingt es mir nicht, einen Minuspunkt. Nach einer Aufnahme ist diese Partie beendet und ich stoße ein neues Spiel an. Das ganze mache ich so oft, bis ich bei +5 (=Satz gewonnen) oder -5 (=Satz verloren) angekommen bin. Wenn ich gewonnen habe, spiele ich den nächsten Satz mit einem Ball mehr (=8), verliere ich den Satz, wird der nächste Satz mit einer Kugel weniger (=6) gespielt. Das ist das klassische X-Ball.

Eine alternative Zählweise ist, X-Ball gegen einen fiktiven Gegner zu spielen: Schieße ich aus, erhalte ich einen Punkt, schieße ich nicht aus, erhält er einen Punkt. Das ganze spiele ich auf eine normale Distanz, zum Beispiel 7 Gewinnspiele.

Mängel des klassischen X-Balls

So weit, so gut. Ich spiele seit Jahren X-Ball und es hat mir viel gebracht. Es ist eben viel besser, einen fiktiven Satz zu spielen, als ungezählt ein Rack nach dem anderen wegzuknallen (und für Fehler keine Konsequenzen zu spüren). Trotzdem merke ich, dass das Spiel Mängel hat, weil es das Spiel gegen einen echten Gegner nicht korrekt simuliert bzw. nicht die richtigen Dinge belohnt.

Mangel 1: Ich kann mit knapp über 50% Ausschussquote gewinnen

Egal bei welcher der beiden X-Ball-Zählweisen: Es kann reichen, knapp mehr als 50% der Partien auszuschießen, um den Satz zu gewinnen. In der +/-Zählweise kann ich 30 Spiele ausschießen und 25 vermasseln und damit trotzdem den Satz gewinnen (+5). Das sind ca. 55% gewonnene Spiele. In der klassischen Satz-Zählweise kann ich 7:6 gewinnen, das sind ca. 54% gewonnene Spiele. Und gerade mal jedes zweite Spiel mit offenem Tisch und Ball in Hand auszuschießen hat nichts mit Kontrolle zu tun.

Beim Spiel mit z.B. fünf Kugeln schieße ich fast jede zweite Partie nicht aus und fange dann trotzdem an, mit sechs Kugeln zu trainieren. Oft liegt die Ursache für die Unterbrechung aber nicht an zu viel blockierenden Kugeln auf dem Tisch, sondern an einfachen Stellungs- und Schussfehlern – entweder, weil mein Spielvermögen nicht ausreicht, oder, weil ich unkonzentriert bin. Es bringt mir dann gar nichts, mit sechs, sieben oder acht Kugeln zu trainieren, wenn ich regelmäßig Fehler auf die letzten drei Bälle mache.

Mangel Nr. 2: Das klassische X-Ball zwingt mich zur bedingungslosen Offensive

Im klassischen X-Ball gibt es kein Save. Entweder ich schieße aus, dann gewinne ich, oder ich schieße nicht aus, dann verliere ich. Wenn ich mich verstelle, ist meine einzige Lösung, einen riskanten oder sogar verzweifelten Ball anzugehen, in der Hoffnung, dass er reingeht. Und genau das wollen wir im Match gegen einen richtigen Gegner auf keinen Fall tun.

Meine Situation nach einem Stellungsfehler im klassischen X-Ball ist wie die des Torwarts beim Elfmeter: Ich habe nichts zu verlieren. Ich habe jetzt einen sehr schweren oder fast unmöglichen Ball vor mir. Das heißt, ich habe quasi schon verloren und bekomme einen Freischuss. Verschieße ich den verrückten Ball, habe ich die Partie verloren, was ja eh wahrscheinlich war. Mache ich ihn trotzdem, bin ich (ein Wunder!) trotz meines Stellungsfehlers noch am Leben. Das kann auch im echten Spiel passieren, wir sollten diese Wunder aber nicht in unsere dauerhafte Strategie einbauen.

Jetzt kommt’s: Patricks X-Ball

Ich habe mir deshalb für mein Training eine Variante überlegt, die für mich sehr gut funktioniert. Ich habe sie ganz bescheiden „Patricks X-Ball“ genannt. Die generelle Spielweise funktioniert ganz genau so wie beim klassischen X-Ball. Es gibt allerdings zwei Änderungen:

1. Zusatzregel: Wir spielen exakt 10 Partien

Wir spielen nicht auf ein bestimmtes Ziel, sondern exakt zehn Racks. Davon muss man sieben Partien (=70%) gewinnen, um in die nächste Stufe mit einem Ball mehr aufzusteigen. Schießen wir nur drei Partien oder weniger aus, spielen wir den nächsten Satz mit einer Kugel weniger. Schießen wir zwischen 4 und 6 Partien aus, spielen wir den nächsten Satz mit der gleichen Anzahl Bällen.

Damit trimme ich mich auf eine Ausschussquote von 70%, was schon deutlich attraktiver ist als gut 50%. Man kann das natürlich anpassen auf eine noch höhere Prozentzahl. (Edit 27.1.2014: Ich spiele jetzt auf 80%.) Das bleibt dir überlassen. Aber der Ansatz ist klar: Ich will mich auf eine höhere Ausschussquote als 50% trimmen, bevor ich mit mehr Bällen spiele. Wichtig: Spiele immer die 10 Partien zu Ende, auch, wenn du schon „verloren“ hast. So kannst du dauerhaft deine Entwicklung beobachten und hast eine klare Einschätzung, wo dein „Abräum-Koeffizient“ (siehe mein Buch) wirklich liegt.

2. Zusatzregel: Mit einem Save können wir eine Partie neutralisieren

Eine weitere Besonderheit von Patricks X-Ball: Ich kann zu jeder Zeit in einer Partie eine Sicherheit spielen. Gelingt mir das Save, wird diese Partie nicht gezählt, also weder für noch gegen mich, und ich baue neu auf und wiederhole die Partie. Gelingt mir das Save nicht, gilt es als verlorene Partie.

Was gilt als „gelungene“ Sicherheit? Das bleibt natürlich deiner Interpretation überlassen. Eine Ablage, bei der für meinen fiktiven Gegner der nächste Ball nicht direkt zu erreichen ist, ist fast immer ein gelungenes Save. Sollte ich erst auf die letzte oder vorletzte Kugel saven, ist auch ein nicht direkt lochbarer Ball ein gelungenes Save. Ich will mit dieser Regel ja kluge Entscheidungen belohnen, und da reicht diese Definition. Im Zweifel heißt es bei mir: gegen den Angeklagten (Edit 27.1.2014) für den Angeklagten. Ich möchte die richtige Entscheidung belohnen, und das ist eher ein Save.

Gratis-Auswertungs-Tabelle herunterladen

Ich habe eine Excel-Datei erstellt, mit der du deine Trainingsspiele mit Patricks X-Ball dokumentieren kannst. Den ersten Satz habe ich zur Illustration schon einmal ausgefüllt (mit einem echten Trainingsergebnis von gestern abend). Excel-Datei „Patricks X-Ball“ hier herunterladen

Fazit

Ich möchte für 9-Ball oder 10-Ball zwei Dinge trainieren: Kontrolliert ausschießen oder kontrolliert Sicherheit spielen. Und ich möchte trainieren, die jeweils richtige Entscheidung zu treffen. Mit Patricks X-Ball wird beides belohnt. Mit einem Save neutralisiert man die Partie und bekommt eine neue Chance – besser, als einen schweren Ball zu verschießen und zu verlieren. Mit der hohen Ziel-Prozentzahl (70 Prozent) trainiere ich, konzentriert auszuschießen, wenn der Tisch es hergibt.

Was hältst Du von dieser Variante? Hast Du Ergänzungen? Schreib es in den Kommentarbereich!

Titelfoto: Neil Kremer

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