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Wenn Du langfristig ein guter Billardspieler werden willst, dann kommst Du um regelmäßiges Training nicht herum. Aber was ist, wenn Du gar keine großen Ambitionen hast? Du willst nur am Wochenende gegen Deine Kumpels nicht völlig doof dastehen? Diese Billard-Tipps sind für Dich.
Tipp 1: Ziele oben
Die meisten Leute beugen sich zum Stoß herunter und fangen dann an zu zielen. Problem dabei: Ihr Körper steht jedes mal anders. Versuche es einmal anders herum: Schaue Dir die Linie an, auf der Du die Weiße spielen willst, während Du noch aufrecht stehst. Und dann versuchst Du einfach, Dein Queue genau auf die Verlängerung dieser Linie zu bringen und Deinen Körper daneben zu stellen. Jetzt muss das Queue nur noch gerade nach vorne bewegt werden und zack – ist der Ball drin.
Das ist jetzt ’ne ziemlich banale Zusammenfassung eines recht komplizierten Vorgangs, aber versuche es einfach mal genau so und vertraue darauf, dass dein Körper schon einen Weg finden wird, das zu machen. Wie Du die richtige Linie findest, erkläre ich übrigens weiter unten.
Tipp 2: Benutze weniger Kraft
Viele Freizeitspieler kloppen auf die Bälle drauf, als gebe es kein morgen. Abgesehen davon, dass dann viel mehr blöde Sachen passieren können (Weiße fällt in eine Tasche oder fliegt sogar vom Tisch), leidet auch die Präzision darunter. Etwas, wovon Du als reiner Gelegenheitsspieler vermutlich sowieso nicht viel besitzt (nicht persönlich nehmen…).
Das gilt übrigens auch für den Anstoß: Wenn Du den Haufen nur zur Hälfte triffst, weil Du unbedingt mit Mach 5 draufhauen muss, hast du weniger davon, als den Haufen mit weniger Tempo voll zu treffen. Also, ein Leberwurstbrötchen weniger am Tag, und am Billardtisch läuft es besser.
Tipp 3: Baue die Kugeln ordentlich auf
Damit die Kugeln beim Anstoß schön auseinander gehen, müssen sie ordentlich aufgebaut werden. Ordentlich heißt in diesem Fall, dass möglichst alle Kugeln die benachbarten Kugeln berühren sollten, also wenig Lücken zwischen den Kugeln sind. Das ist auf den meisten Kneipentischen gar nicht so einfach, sollte aber eben so sorgfältig gemacht werden.
Und was natürlich gar nicht geht: An der 8 drehen. Sieht zwar lässig aus, führt aber dazu, dass die schön eng aufgebauten Kugeln sich wieder auseinander bewegen. Und dann gehen die Kugeln beim Anstoß nicht so schön auseinander.
Tipp 4: Überlege Dir, was die Weiße macht
Du hast es vielleicht schon mal gehört: Richtig gute Spieler sind in der Lage, sich die Weiße immer gut für den nächsten Stoß hinzulegen. So schaffen sie es, manchmal den ganzen Tisch abzuräumen, ohne dass ihr Gegner drankommt.
Auch ohne diese Fähigkeiten kannst Du Dir Gedanken machen, was die Weiße wohl machen wird. Wenn Du eine Kugel zum Beispiel links anschneidest, wird die weiße Kugel immer auch nach links weglaufen – und umgekehrt. Dieses Wissen kann schon helfen. Und auch das Tempo, mit dem Du spielst, macht einen Unterschied. Je stärker Du stößt, desto weiter wird die Weiße nach dem Kontakt in eine Richtung laufen.
Tipp 5: Kreide dein Queue
Billardkreide kennt jeder. Doch viele wissen nicht, dass man sie auch benutzen sollte, und vor allem wofür. Die Kreide sorgt dafür, dass die Spitze des Queues, die Pommeranze, nicht von der weißen Kugel abrutscht. Die Pommeranze besteht aus Leder, einem recht glatten und harten Material. Die Kugel besteht ebenfalls aus einem glatten und harten Material. Und wenn die beiden aufeinander treffen, wird es schlüpfrig. Die Kreide sorgt dafür, dass es zwischen beiden ausreichend Reibung gibt – so wie Streusand auf Glatteis.
Also, immer schön die Kreide benutzen, am besten vor jedem Stoß. Wichtig ist dabei übrigens nicht, dass man das Queue in die Kreide bohrt wie in einen Anspitzer, sondern vielmehr das Leder „anmalt“, so dass die Spitze komplett mit Kreide bedeckt ist.
Tipp 6: Richtig gucken
Erst einmal die gute Nachricht: Jeder kann zielen. Wenn Du auf etwas mit dem Finger zeigen kannst, dann kannst Du auch zielen. Ein weiteres Indiz ist es, wenn Du nach Dingen greifen kannst, ohne daneben zu greifen. Glückwunsch!
Jetzt musst Du es nur hinbekommen, dass Du diese Fähigkeit auch beim Billard korrekt einsetzt. Beim Billard heißt das: Dein Kopf, insbesondere Deine Augen, müssen im Verhältnis zur Ziellinie und zum Queue korrekt angeordnet sein.
Und wo genau? Gehen wir noch einmal zurück zum Beispiel „mit dem Finger auf etwas zeigen“. Strecke jetzt einmal Deinen Arm aus und zeige mit dem Zeigefinger auf einen Gegenstand, der mindestens 5 Meter entfernt ist. Jetzt schaue, ohne dich zu bewegen, auf Deinen Zeigefinger. Er befindet sich jetzt an einer Stelle zwischen Deinen Augen, entweder in der Mitte oder ein bisschen links oder rechts davon. Genau dorthin muss auch das Queue, damit Deine Augen sehen, wo es hinzeigt. So wie auf diesem Foto:
Du kannst sehen, dass das Queue zwischen meinen Augen angeordnet ist, aber nicht exakt in der Mitte. Oft sehe ich bei ungeübten Spielern aber etwas anderes, nämlich, dass das Queue sich neben dem Kopf befindet oder auch, dass der Kopf schräg gestellt wird, anstatt gerade zu sein. Dann hast Du aber ein riesiges Problem: Die Linie, die Deine Augen sehen, entspricht nicht der echten Linie, die das Queue entlang zeigt. Und dann geht der Stoß daneben, obwohl Du vielleicht richtig gut gestoßen hast.
Also, in Verbindung mit Tipp 1 von oben: Dein Kopf sollte schon, während Du noch aufrecht stehst, auf der richtigen Ziellinie sein und diese dann bis nicht mehr verlassen, bis Du Dich heruntergebeugt hast. Wenn Du unten nicht mehr sicher bist, kannst Du Dich auch wieder ein Stück aufrichten und prüfen, ob Du noch richtig guckst.
Tipp 7: An die richtige Stelle zielen
Jetzt habe ich, ohne groß zu zucken, einfach den Begriff „Ziellinie“ eingeführt, ohne Dir zu erklären, wo diese eigentlich liegt, um eine Kugel zu versenken. Schauen wir uns mal eine Situation an:
Als erstes müssen wir festlegen, auf welcher Linie die Objektkugel (hier: die gelbe 1) laufen muss, um in die Tasche zu fallen. Daraus ergibt sich der Punkt, an dem sich die Weiße und die Objektkugel treffen müssen. Das ist in dieser Grafik der Punkt, an dem der schwarze Kreis die 1 berührt.
Jetzt wäre es aber leider ganz falsch, an diesen Punkt zu zielen, da wir dann die Objektkugel an einer anderen Stelle treffen würden. Der Grund dafür ist, dass wir mit dem Mittelpunkt der weißen Kugel zielen, aber mit der Außenkante treffen. Wir müssen also dahin zielen, wo der Mittelpunkt der Weißen hin muss, und das ist der Mittelpunkt des eingezeichneten schwarzen Kreises.
Das macht das Zielen auch so schwer, da dieser Punkt von jedem Winkel aus anders aussieht. Die Ziellinie für uns, auf der wir unser Queue und unsere Augen ausrichten müssen, ist also die schwarze Linie, die von der Weißen zu dem schwarzen Kreis führt.
Momentan bin ich noch mit Ihrem Buch beschäftigt, bin aber für die zusätzlichen Tipps sehr dankbar.
mfg Johann
Sehr gerne, Johann!
Ihre Tipps sind wirklich gut, ich habe Ihr Buch gelesen, es trifft alles genau so zu, gerade der Bereich Training, Lernzyklus. Mein Problem ist da, wenn ich mit Freunden spiele, dann sind auf einmal alle Stossabläufe, und auch die Konstanz wie weggeblasen und ich spiele bei weitem schlechter, als wenn ich allein trainiere.
Denke ich werde mir die Stossabläufe noch viel mehr einprägen müssen, damit die Automation dass Kommando übernimmt. Ich bin schon auf das nächste Buch gespannt.
Mit freundlichen Grüßen Markus
Hallo Markus, danke für das Lob, das freut mich wirklich sehr. Tja, mit den lieben Freunden will man ja immer zeigen, was kann man, die Erwartungen werden größer, und Erwartungen halten uns meist davon ab, einfach zu spielen. Dazu kommt demnächst noch ein eigener Beitrag hier im Blog. Erst einmal viel Spaß beim lesen und spielen!
Hallo Patrick,
ich habe aus anderen Quellen von einer Zielmethode erfahren, bei der man visuell die Kontaktpunkte von Objekt- und Cue-Ball verbindet. Die Ziellinie ist dann die Parallele dazu durch den Mittelpunkt der Weißen.
Kannst du mir sagen, welche Methode du für geeigneter hältst (insbesondere für Anfänger)? Welche ist potentiell genauer?
Ich persönlich tu mich immer schwer damit, den Zielpunkt bei der Ghostball-Methode genau zu ermitteln.
Viele Grüße!
Hallo Thomas,
die Methode kenne ich nicht im Detail, aber ganz klar ist: Die Ziellinie ist die gleiche, es gibt nämlich nur eine. Es ist halt eine andere Methode, die Linie zu entwickeln, aber im Prinzip kommt es aufs gleiche raus: Auch bei „Deiner“ Methode wird auf den Mittelpunkt des Geisterballs gezielt.
Ich bin der Ansicht, dass diese Systeme nur dazu gut sind, das richtige Zielen generell zu verstehen. In der Praxis stellt sich kein geübter Spieler einen Geisterball oder irgendein anderes Konstrukt vor. Man sieht einfach intuitiv die richtige Linie. Am besten lernt man das, indem man den gleichen Ball, also Weiße und Objektball immer an der gleichen Stelle, mehrfach versucht (mind. 20-30 Mal) und das dann mit allen möglichen anderen Bällen wiederholt. Das heißt in der Praxis: Du suchst Dir im ersten Versuch einfach eine Linie aus, von der Du denkst, dass sie es sein könnte. Dann beobachtest Du das Ergebnis: Ball drin, Ball links daneben oder Ball rechts daneben, und korrigierst im nächsten Versuch (auf den exakten gleichen Ball!) entsprechend. Oder, wenn der Ball drin war, versuchst Du, die gleiche Linie wieder zu spielen. Über die Zeit baut sich so eine Erfahrung auf, die Du auch intuitiv abrufen kannst, weil Dein Körper „weiß“, wo die richtige Linie ist. Unser Gehirn wäre völlig überfordert, jeden Stoß mit einer bestimmten Methode vorher auszumessen.
Voraussetzung dafür ist natürlich, dass man in der Lage ist, die Weiße auch sehr präzise auf einer bestimmten Linie zu spielen. Das heißt, im Prinzip bräuchte man das Zielen nicht anfangen, bevor man nicht in der Lage ist, sehr genau geradeaus zu spielen. In meinem Übungsheft zum Buch sind dazu Übungen aufgeführt.