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Heute habe ich im hochgeschätzten Berliner Tagesspiegel zum bestimmt 20. Mal von Snooker als der „schwierigsten“ Billarddisziplin gelesen. Ich kann es nicht mehr hören!
Um es vorweg zu nehmen: Ich habe Respekt gegenüber allen Snookerspielern und schätze das Spiel sehr. Ich weigere mich nur, jedesmal diese Mär vom schwierigsten Billardspiel zu hören. Ich weigere mich, als gestandener und erfahrener Pool-Billard-Spieler abschätzige Blicke oder Kommentare („Ach… nur Pool-Billard?“) von Snooker-Spielern entgegenzunehmen, die gerade mal seit einem halben Jahr wissen, wo beim Queue vorne ist. Oder noch besser, von Snooker-glotzenden Couch Potatos, die noch nie ein Queue in der Hand hatten, aber genau wissen, das beim Pool ja alles ganz einfach ist.
So, jetzt ist der Dampf abgelassen und wir können anfangen, die beiden Spielarten zu vergleichen. Woher kommt die Einschätzung, Snooker sei die schwierigste Billarddisziplin? Ganz klar daher, weil es in keiner anderen Billardart schwieriger ist, eine Kugel zu versenken (Pyramide-Spieler werden ggf. murren). Die Taschen sind kleiner, der Tisch größer, die Ecken abgerundet, das alles hat Rolf Kalb ja schon x-mal heruntergebetet. Und für den Laien ist Lochen nun mal alles, also Snooker = schwierigste Disziplin. Das ist so ähnlich, wie beim Schießen die Schnellfeuerpistole mit Tontaubenschießen zu vergleichen, weil bei der einen Disziplin ist vielleicht das Ziel kleiner, dafür bewegt es sich bei der anderen, aber die Waffe streut ja auch… (Ich verstehe nichts vom Schießen.)
Anhänger dieser Denkweise begehen den Fehler zu glauben, es gäbe in einer Sportart ein absolut messbares Optimum, eine klar definierbare Höchstleistung, die zu erreichen in der einen Variante eben leichter ist als in der anderen. Weit gefehlt! Ein Spiel ist immer so schwer, wie ich es beherrsche oder auch nicht. Es gibt kein Optimum, es geht immer noch besser. Der Schwierigkeitsgrad hängt immer ab von meinem Können und dem meines Gegners.
Manches beim Snooker ist auch viel leichter, zum Beispiel Save zu spielen, weil ja alle Bälle so schwer zu lochen sind. Da ist ein verschossener Ball ja gleich ein Save! Shot-to-nothing, so etwas kennen wir im Pool nicht. Oder die Dauer einer Aufnahme: Im Snooker müssen die Profis maximal 36 Bälle am Stück schießen, im Pool sind es manchmal bis zu 150 Bälle, das ist eine Stunde Spiel am Stück, ohne die Konzentration zu verlieren.
Ich möchte nicht im Umkehrschluss behaupten, dass Pool-Billard doch das schwierigere Spiel sei. Sie lassen sich nicht vergleichen, weil es andere Spiele sind. Beide Spielarten sind Billard, doch sie unterscheiden sich technisch und taktisch. Nicht ohne Grund können gute Snooker- oder Pool-Spieler in der jeweils anderen Disziplin gut mithalten (und nicht ohne Grund können sie die ganz großen Erfolge in der Fremddisziplin dann doch nicht einfahren).
Snooker ist ein tolles Spiel, Pool auch (und natürlich auch Karambol, Kegelbillard, Pyramide und alle anderen Disziplinen, die ich nicht kenne). Jede Disziplin ist auf ihre Art schwer und anspruchsvoll. Also bitte, lieber Tagesspiegel, bitte, bitte, lieber Rolf Kalb, bitte bitte bitte erzählt nicht immer, das Snooker die anspruchsvollste Billard-Art sei! Ich stehe gerne jedem Journalisten des Tagesspiegels für Fachgespräche zur Verfügung.